Die Anwendung der Ausgleichsregelung nach dem Salzburger Naturschutzgesetz

Erste Bestrebungen zur Entwicklung eines einheitlichen Bewertungsschemas

Die ehemalige Vegetationsökologin der Landesumweltanwaltschaft Salzburg, Frau Dr. Brigitte Peer, hatte anhand einiger plakativer Beispiele die Praxis-Erfahrungen der Landesumweltanwaltschaft mit der so genannten Ausgleichsregelung gemäß § 51 Salzburger Naturschutzgesetz seit deren Normierung im Jahr 1993 gesammelt und ausgewertet. Der Erfahrungsbericht vom Juni 2001 zeigte die wesentlichen Kritikpunkte der Landesumweltanwaltschaft an der Regelung und seiner Vollziehung auf - allen voran das Fehlen eines nachvollziehbaren und einheitlichen Bewertungsschemas. Die Landesumweltanwaltschaft nahm ihre Erfahrungen zum Anlass, gemeinsam mit der Technischen Universität Karlsruhe und dem Büro Regioplan Ingenieure einen Leitfaden zu entwickeln, der eben ein solches Bewertungsschema enthält. Der ursprüngliche Leitfaden steht unten als Download zur Verfügung. 

Erster Leitfaden der LUA zum Ausgleich von Eingriffen in die Natur: Bewertung von Eingriffen, Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen nach dem Salzburger Naturschutzgesetz

Seit 1993 gibt es die sogenannte "Ausgleichsregelung" des Salzburger Naturschutzgesetzes für Eingriffe in die Natur. Bislang fehlten in Salzburg nachvollziehbare und einheitliche Bewertungsregeln sowohl für den Eingriff als auch für den Ersatz oder Ausgleich. In Deutschland werden seit Jahren derartige Bewertungen vorgenommen, was zu einer Objektivierung der Naturschutzverfahren geführt hat. Die Landesumweltanwaltschaft hat diese Erfahrungen im Rahmen einer "Lizentiatsarbeit" der Technischen Universität Karlsruhe sowie in Zusammenarbeit mit dem Büro Regioplan Ingenieure genutzt und für Salzburg ein Modell erarbeitet.

Der im März 2003 erschienene Leitfaden war als Service und Hilfe für Antragsteller, Planer, Behörden und Sachverständige gedacht. Bereits im Vorfeld eines konkreten Naturschutzverfahrens sollte man sich mit Minderungsmaßnahmen des geplanten Eingriffs und mit Ausgleichsmaßnahmen auseinandersetzen. Dieser Leitfaden wurde in den folgenden Jahren gemeinsam mit der Salzburger Landesregierung weiterentwickelt.

Richtlinie der Salzburger Landesregierung zur Bewertung von Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen

Im Februar 2006 wurde vom Amt der Salzburger Landesregierung die „Richtlinie zur Erstellung naturschutzfachlicher Gutachten im Hinblick auf die Bewertung von Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen nach dem Salzburger Naturschutzgesetz“ herausgegeben. Hauptautor war der damalige Referatsleiter des Amtes der Salzburger Landesregierung für Naturschutzrecht und -förderung, Hofrat Dr. Erik Loos, unter Zusammenarbeit mit dem Büro Regioplan, der Landesumweltanwaltschaft Salzburg und diversen Sachverständigen bzw. Naturschutzbeauftragten des Amtes der Landesregierung. In diesem Werk wurde die im Leitfaden von Frau Dr. Brigitte Peer erstellte Beurteilung ökologischer Parameter und deren Veränderung durch Auswirkungen des Eingriffs bzw. der Ausgleichsmaßnahme noch um eine Berücksichtigung der jeweiligen zeitlichen Dimension ergänzt. Zudem wurde versucht, dem Problem der Bewertung von Eingriffen oder Ausgleichsmaßnahmen im Hinblick auf Landschaftsbild, Landschaftscharakter und Erholung näher zu kommen.

Das ausgearbeitete Modell errechnet je nach Flächengröße und Ab- bzw. Aufwertung des Lebensraumes durch eine Maßnahme eine bestimmte Eingriffs- oder Ausgleichspunktezahl. Diese Methode ermöglicht es, die Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme dem Eingriff gegenüber zu stellen um festzustellen, ob durch die angebotene Maßnahme ein gleichwertiger Ersatz (1:1) oder eine den Eingriff überwiegende Ausgleichsmaßnahme (1:1,3) vorliegt.

Sonderfälle und Grenzen des Bewertungsmodells

Bereits im Vorwort der Richtlinie räumte Dr. Erik Loos ein, dass das flächenbasierte Modell in gewissen Sonderfällen wie z.B. bei mastartigen oder linearen Eingriffen, bei Berücksichtigung von Biotopverbundstrukturen oder fluktuierenden tierökologischen Aspekten keine befriedigenden Ergebnisse liefern könne.

Dies hat sich auch in der bisherigen Praxis gezeigt. Die Wirkung von kleinflächigen, artenschutzbezogenen Maßnahmen wie die Errichtung von Amphibienteichen oder Strukturen zur Fortpflanzung von Schmetterlingen, wird durch die Berechnungsmethode unterbewertet, da der Wert für die jeweiligen Zielarten nicht über die relativ kleinen Maßnahmenflächen abgebildet werden kann. Aber auch eine Einbeziehung beispielsweise des Umkreises der Wanderdistanzen von Amphibien oder des Aktionsraums von Schmetterlingen würde zu einer Überbewertung führen, weil die Maßnahmen nicht automatisch auch den umgebenden Lebensraum verbessern. Da der ökologische Wert einer Ausgleichsmaßnahme jeweils von den speziellen lokalen Gegebenheiten abhängig ist, ist eine Punktebewertung mit Flächenbezug in diesen Fällen nicht möglich und muss daher im Einzelfall verbal erfolgen. 

Die Flächenbilanz fällt bei Eingriffen in stark geneigte Lebensräume, wie z.B. beim Schrämen von Felswänden, aufgrund der in der Luftperspektive durchgeführten Flächenberechnung kleinflächiger aus, als sie es in der Frontalansicht tun würde. Da sich der Lebensraum vieler Tier- und Pflanzenarten aber auch auf vertikalen Strukturen erstrecken kann (Eidechsen, Höhlenbrüter, Felsritzenvegetation,…) müsste – streng genommen – die reine Eingriffsoberfläche zur Berechnung herangezogen werden. 

Auch anzumerken ist, dass das Modell die Anrechnung einer Untätigkeit im Sinne eines Belassens des aktuellen Biotopzustands, einer Berücksichtigung einer fiktiven Nutzung oder einer bloßen Ausweisung von Schutzgebieten als Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme berechtigterweise ausschließt. Dies ergibt sich aus der Vorgabe des § 51 Salzburger Naturschutzgesetz, wonach eine Ausgleichsmaßnahme zu einer wesentlichen Verbesserung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes führen muss. (sp)
 

Österreichweite Bestrebung zur Vereinheitlichung der Eingriffs- und Ausgleichregelung

Auf Initiative der Umweltanwaltschaften der Länder Oberösterreich, Niederösterreich und Burgenland, wurde – in Abstimmung mit Infrastrukturplanungsträgern (ASFINAG, ÖBB, Landesstraßenverwaltung) und Naturschutz – ein Auftrag für eine Studie zum Thema „Ausgleich für Eingriffe in Natur und Landschaft“ vergeben. Der daraus resultierende Endbericht aus dem Jahr 2016 beinhaltet, neben Übersichten zu rechtlichen Situationen und Eingriffsregelungsmethoden der österreichischen Bundesländer sowie Vorschlägen zur Verwaltung von Kompensationsmaßnahmen, ebenfalls ein Modell zur Berechnung von Eingriff und Ausgleich. Auswirkungen auf das Landschaftsbild werden allerdings nicht einberechnet. Der Endbericht versteht sich als „work in progress“. Ziel ist es, eine Regelung zu finden, welche österreichweit sowohl für Planungsbüros als auch Behörden die Festlegung von angemessenen Kompensationsmaßnahmen ermöglichen soll. 

Folgende Downloads stehen Ihnen zur Verfügung:

Folgende Links verweisen auf relevante Dokumente:

Salzburger Naturschutzgesetz (konsolidierte Fassung, RIS)


Biotopkartierung des Landes Salzburg mit weiterführenden Informationen zur Kartierungsanleitung und den Biotoptypensteckbriefen


Studie "Ausgleich für Eingriffe in Natur und Landschaft", 2016