LUA-PRESSE - Ist der Naturschutz ein lästiges Übel für den Standort oder wichtig für eine nachhaltige Entwicklung der Wirtschaft?
LUA-Presseaussendung zum SN-Artikel vom 16.07.2020 mit einem Interview mit IV-Präsident Peter Unterkofler
PRESSEAUSSENDUNG:
Laut SN-Lokalteilbericht vom 16.07.2020 unterzeichnen Land und Industriellenvereinigung (IV) heute ein neues Standortabkommen. Im Interview fordert der IV-Präsident Peter Unterkofler eine Vereinfachung und Beschleunigung von Verfahren indem das Naturschutzgesetz novelliert werden soll. Die einseitigen Aussagen können jedoch nicht ohne Entgegnung stehen gelassen werden, da hier wieder einmal der Naturschutz zu Unrecht als Übel für Standort und Wirtschaft hingestellt wird.
Der Wirtschaftsmotor müsse nach der Coronakrise wieder Fahrt aufnehmen, Salzburg in Sachen Digitalisierung und Technologie aufholen, heißt es im Bericht. Für die Infrastruktur brauche es den Flughafen mit einer Verbindung nach Zürich. Sodann wird die Vereinfachung und Beschleunigung von Naturschutzverfahren gefordert, damit Genehmigungsverfahren für Projekte mit besonderen öffentlichen Interessen nicht mehr jahrelang ausufern würden. Als Beispiele werden die 380-kV-Leitung und die Erweiterung der Mönchsberggarage angeführt. Hier wurde jedoch Folgendes vergessen:
- Die Ursache für die aktuelle Wirtschaftskrise ist die Coronapandemie und nicht ein kompliziertes und strenges Naturschutzgesetz. Im Gegenteil warnt die Wissenschaft vor noch mehr Ausbeutung von Umwelt und Natur, weil das Risiko für die Übertragung von Krankheiten von Tieren auf den Menschen dadurch steigt. Arten und Lebensräume müssen daher zum Schutz des Menschen erhalten werden, auch bei uns.
- Anstatt Naturschutz zurückzudrängen, wäre es wichtig die Krise als Chance zu nutzen und die Weichen für Staat und Wirtschaft auf nachhaltige Entwicklung mit Stärkung der Natur umzustellen, womit auch viele neue Jobs geschaffen werden können, wie eine Studie des Weltwirtschaftsforums (WEF) berichtet (ebenfalls lt. SN Wirtschaft vom 16.07.2020).
- Sowohl der Flughafen, als auch die Nennung der 380-kV-Leitung und die Erweiterung der Mönchsberggarage als Beispiele für „langwierige“ Naturschutzverfahren hinzustellen ist falsch, denn hierbei handelt(e) es sich jeweils um UVP-Verfahren nach dem UVP-G des Bundes.
- Der IV-Präsident sagt, dass er keine „fundamentalen, materiellen Änderungen“ im Naturschutz will, sondern ein schnelleres Vorgehen, wenn Projekte bewilligungsfähig seien. Natürlich sollen Verfahren nicht jahrelang dauern, aber die Erfahrung zeigt, dass dies auf besonders kritische Verfahren zutrifft, bei denen eben nicht im Vorhinein feststehen kann, dass sie bewilligungsfähig sind oder dass andere besondere öffentliche Interessen das Interesse am Naturschutz, das jedenfalls ein besonders wichtiges öffentliches Interesse darstellt, überwiegen.
- Eine Lösung für die gewünschte Beschleunigung kann aber nicht die Schwächung des Naturschutzverfahrens sein, sondern ist nur möglich, wenn Behörden und Gerichte mit dem notwendigen Personal ausgestattet werden, um die komplexen Verfahren ordentlich und in angemessener Zeit abhandeln zu können. Das ist langfristig sicher die bessere und nachhaltigere Lösung, als im Naturschutz zu deregulieren und zu sparen.
Die Landesumweltanwaltschaft warnt daher im Sinne einer nachhaltigen Wirtschaft vor jeder weiteren Aushöhlung und Schwächung sowohl der materiellen als auch verfahrensrechtlichen Naturschutzbestimmungen.
Salzburg, am 16.07.2020
Dr. Gishild Schaufler, Landesumweltanwältin