UmweltanwältInnen: Nutzung von Bioenergie ist nicht nachhaltig

 Markus Pointinger  |  
Deckblatt LUAs Bioenergie
Deckblatt: Nachhaltige Nutzung von Bioenergie in Österreich, LUAs Österreich

APA-OTS Presseaussendung:

UmweltanwältInnen: Nutzung von Bioenergie ist nicht nachhaltig

UmweltanwältInnen fordern von der Bundesregierung ein Umdenken bei der österreichischen Energiestrategie

Die österreichische Energiestrategie sieht vor die Bioenergienutzung auf landwirtschaftlichen Flächen sowie im Wald bis 2020 weiter zu erhöhen. Im entsprechenden Aktionsplan für Erneuerbare Energien sind unrealistische Ausbaupotentiale für die Biomassenutzung ausgewiesen. Nachdem im Vorjahr europaweit eine kritische Diskussion über Biotreibstoffe geführt wurde, zeichnet sich auf EU-Ebene eine Trendwende bei den Regelungen zu Biotreibstoffen ab und es wird eine Obergrenze für die energetische Nutzung von Nahrungsmitteln diskutiert.

Die österreichischen UmweltanwältInnen haben die Bioenergieproduktion in Österreich jetzt genauer unter die Lupe genommen und sind sich in ihrem gemeinsamen Positionspapier einig:

"Die land- und forstwirtschaftlichen Flächen Österreichs sind gerade in Zeiten eines globalen Klimawandels zentrale Eckpfeiler unserer Ernährungs- und Versorgungssicherheit und sollen nicht für ineffiziente Energieproduktion verwendet werden. Sinnvoll ist nur eine energetische Nutzung von Reststoffen aus der Landwirtschaft, die nicht für Nahrungs- und Futtermittel oder für die Bodenerhaltung verwendet werden. Nutzung von Holz muss nachhaltig bleiben!"

Wesentliche Änderungen im Umgang mit wertvollen Ressourcen gefordert

Um einen sorgsamen Umgang mit diesen wertvollen Ressourcen zu gewährleisten, stellen die UmweltanwältInnen fünf wesentliche Forderungen an die Bundesregierung:

  • Biomasse sollte auch aus Sicht des Klima- und Naturschutzes nachhaltig produziert und vorrangig der Ernährung und stofflichen Verwertung (Holzbau, Möbel) zugeführt werden.
  • Die heimischen land- und forstwirtschaftlichen Betriebe sollten für diese wertvolle Arbeit so entlohnt werden, dass sie diese Aufgabe nachhaltig erfüllen und gegen ausländische Billigkonkurrenz gut bestehen können.
  • In der Landwirtschaft sollten nur Zwischenfrüchte, Rest- und Abfallstoffe im Rahmen einer kaskadischen Nutzung zur Energiegewinnung herangezogen und am besten wieder in der Lebensmittelproduktion genutzt werden. Dabei ist aber gleichzeitig auf den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit zu achten, und der überwiegende Teil der Ernterückstände auf das Feld rückzuführen. In der Forstwirtschaft darf nicht mehr geerntet werden als dem jährlichen Zuwachs entspricht.
  • Ackerflächen sollten vor Versiegelung stärker geschützt werden sowie vor weiteren Intensivierungsmaßnahmen, wie dem erhöhtem Einsatz von Dünger und Pestiziden. Die Ressource Boden ist nicht vermehrbar und fast nicht wieder herstellbar. Die vermehrte Bewirtschaftung von Brachen schadet häufig geschützten Tieren und Pflanzen und schmälert damit auch Ressourcen.
  • Die österreichische Energiestrategie ist in Fragen der Biomassenutzung nicht nachhaltig und muss daher neu ausgerichtet werden. Österreich wird seinen internationalen bzw. EU-rechtlichen Verpflichtungen in punkto Klimaschutz nur dann nachkommen können, wenn wir unseren Energieverbrauch drastisch reduzieren. In den Sektoren Raumwärme und Verkehr liegt das größte und am einfachsten umsetzbare Potential für eine markante Reduktion des Gesamtenergieverbrauchs.

Als Begründung führen die UmweltanwältInnen folgende Fakten an:

Fakten zur Forstwirtschaft

Österreich nutzt neben Reststoffen aus der Holzverarbeitung jährlich auch 11 Mio. Festmeter heimisches Hackgut und Brennholz energetisch. Gleichzeitig müssen jedoch 10 Mio. Festmeter Holz für die aus Klimaschutzsicht vorteilhaftere, stoffliche Verwertung importiert werden - vor allem für die Papierindustrie. Laut Bundesregierung soll der heimische Holzeinschlag von etwa 19 Mio. Festmeter bis 2020 auf bis zu 24 Mio. erhöht werden. Die angeblich noch bestehenden Potentiale liegen aber in schwer zugänglichen Schutzwäldern, in Schutzgebieten und im kleinbäuerlichen Grundbesitz, sodass einer verstärkten Nutzung rechtliche oder ökonomische Fakten entgegenstehen. Einige große Forstbetriebe ernten bereits mehr Holz als nachwächst und wirtschaften somit nicht nachhaltig.

Fakten zur Landwirtschaft

Österreich besitzt aktuell 1,37 Mio. Hektar Ackerfläche und 1,73 Mio. Hektar Grünland mit kontinuierlich sinkender Tendenz. So gingen seit 1960 rund 660.000 ha landwirtschaftliche Fläche durch Bau- und Siedlungstätigkeit bzw. Umwandlung in Wald verloren. Tatsächlich gibt es keine verfügbaren Flächen für die Bioenergienutzung auf Österreichs Äckern und Wiesen. Die noch vorhandene Fläche reicht nicht aus, um den Bedarf der heimischen Bevölkerung an landwirtschaftlichen Produkten - insbesondere für den hohen Fleischkonsum - abzudecken. So importiert Österreich jährlich ca. 500.000 Tonnen Soja als Futtermittel (zu 90 Prozent gentechnisch verändert) aus den USA, Kanada und den Regenwaldregionen Brasiliens und Argentiniens. Zusätzlich werden Speiseöle wie das umstrittene Palmöl und weitere Agrargüter zur Produktion von Ölen und biogenen Treibstoffen eingeführt. In dieser Situation werden 8,4 Prozent der heimischen Ackerfläche für den Energiepflanzenanbau genutzt, obwohl damit nur 0,7 Prozent des österreichischen Energieverbrauchs abgedeckt werden. Durch Maßnahmen zur Senkung des österreichischen Fleischkonsums könnte auch der Import von Palmöl und gentechnisch veränderten Futtermitteln aus Regenwald- und Savannengebieten gesenkt und die Ernährungssicherheit der Bevölkerung erhöht werden.

Fakten zu Biomassepotentialen versus Gesamtenergieverbrauch

Der Grund für die geringe, energetische Ausbeute ist einleuchtend: Da Pflanzen nur etwa 0,5 Prozent der eingestrahlten Sonnenenergie in Biomasse umwandeln, ist die Produktion von Biomasse als Energieträger weder flächen- noch kosteneffizient.

  • So könnten auf Basis der aktuell eingesetzten Technologien auf der gesamten heimischen Ackerfläche nur 8 Prozent unseres jährlichen Energieverbrauchs abgedeckt werden.
  • Auch der flächenmäßig imposante heimische Waldvorrat nimmt sich gegen den österreichischen Energieverbrauch mager aus. Würde man den kompletten österreichischen Wald abholzen, so könnte man mit der anfallenden Holzreserve unseren Energiebedarf gerade einmal für sechs Jahre decken.

Die Ziele der Österreichischen Energiestrategie hinsichtlich der Nutzung von Bioenergie sind daher unrealistisch und bedeuten eine weitere Intensivierung der "guten landwirtschaftlichen Praxis" (erhöhter Einsatz von Dünger, Pestiziden). Auch eine Nutzung von ökologisch wertvollen Flächen (z. B. Brachen oder Feuchtwiesen) sowie eine noch stärkere Auslagerung der Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln ins Ausland, insbesondere in Regenwald- und Savannengebiete, sind zu befürchten.

Positionspapier "Nachhaltige Nutzung von Bioenergie in Österreich" der Landesumweltanwaltschaften

Das neue Positionspapier der österreichischen Umweltanwaltschaften "Nachhaltige Nutzung von Bioenergie in Österreich" untermauert diese Aussagen mit Zahlen und Fakten und zeigt mit einem umfassenden Forderungskatalog den Weg zur nachhaltigeren Nutzung der Ressourcen Biomasse und Boden auf.

Zurück